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Aktualisiert von Laura am 20. Mai 2025
Veröffentlicht von Petra am 20. Mai 2025
Kurz und knapp: Akustikschaumstoff im Überblick
- Hat eine offenporige Struktur
- Kann zur Verbesserung der Raumakustik Schall dämpfen und absorbieren.
- Besteht meist aus Polyurethan oder Melaminharz.
- Ist leicht, flexibel und einfach zu verarbeiten.
- Wird zur Entsorgung meist verbrannt, da Recycling schwierig.
Was ist Akustikschaumstoff?
Akustikschaumstoff ist ein poröses, meist offenzelliges Material zur Schalldämpfung und ‑absorption. Die Schallwellen dringen in den Schaumstoff ein, werden dort gebremst und ihre Energie in Wärme umgewandelt. Akustisch wirksame Schaumstoffe verbessern die Raumakustik, indem sie Schallreflexionen und Nachhall gezielt in bestimmten Frequenzbereichen reduzieren. Sie bestehen überwiegend aus Polyurethan (PU) oder Melamin-Formaldehyd-Harz (MF).
Melamin wurde bereits 1834 vom Chemiker und Universitätsprofessor Justus von Liebig erstmals hergestellt − die industrielle Produktion größerer Mengen begann jedoch erst um 1930. Als Erfinder des Kunststoffs Polyurethan gilt der deutsche Chemiker Dr. Otto Bayer: 1937 entwickelten er und sein Team in den Labors der I. G. Farben (heute Bayer AG) den ersten PU-Schaum als eher zufälliges Nebenprodukt seiner Forschung.
Akustikschaumstoffe aus PU und MF wurden ab Mitte des 20. Jahrhunderts zunächst hauptsächlich in Tonstudios und Industrieanlagen eingesetzt. Konkrete Erfinder*innen sind nicht namentlich dokumentiert − als Grundlage für die kommerzielle Nutzung gelten jedoch auch hier Entwicklungen und Patente deutscher Chemie‑Unternehmen wie Bayer und BASF.
Herkunft der Materialien
Die Grundstoffe für Akustikschaumstoffe aus Polyurethan (PU) sind Polyole und Isocyanate, die über petrochemische Prozesse aus Rohöl gewonnen werden. Akustikschaumstoffe aus Melamin basieren indirekt auf Erdgas: Daraus wird Harnstoff hergestellt, der unter Hitze und Druck zu Melamin reagiert. Durch eine Polyreaktion mit Formaldehyd entsteht schließlich Melamin-Formaldehyd-Harz (MF), aus dem Akustikschaumstoffe gefertigt werden können.
Herstellung von Akustikschaumstoffen
Die Fertigung von Akustikschaumstoff erfolgt weltweit, insbesondere in Ländern mit starker Chemie-Industrie wie China, den USA und Deutschland. Die dabei angewandten Prozesse unterscheiden sich je nach Typ und Endverwendung:
Herstellunstypen
- PU-basierte Akustikschaumstoffe: Herstellung durch Mischen der Ausgangsstoffe und Aufschäumen der Masse durch eingeleitete Treibmittel (z. B. CO₂). Nach dem Aushärten Zuschnitt in Blöcke oder Platten. Die offenporige Struktur entsteht durch spezielle Prozessparameter beim Schäumen.
- MF-basierte Akustikschaumstoffe: Entstehen durch Polymerisation von Melamin-Formaldehyd-Harz. Üblicherweise wird MF als Block geschäumt und anschließend in Platten geschnitten oder mechanisch profiliert (z. B. als Noppen oder Pyramiden). Seltener werden auch in einer Form direkt passgenaue Formteile geschäumt (s. auch Formschaum).
Allgemeine Eigenschaften von Akustikschaumstoffen
Akustikschaumstoffe zeichnen sich durch spezielle Materialeigenschaften aus, die sie besonders wirksam für die Schallabsorption in bestimmten Frequenzbereichen machen. Je nach Typ und Einsatzbereich variieren diese Merkmale leicht, doch bestimmte grundlegende Charakteristika treffen auf nahezu alle Varianten zu.
Überblick: Generelle Eigenschaften von Akustikschaumstoffen
- Offenporige Struktur: dadurch effektive Schallabsorption
- Geringes Gewicht: erleichtert Transport und Montage
- Formstabilität: behält dauerhaft seine Form, ohne einzusacken
- Flexibilität: lässt sich anpassen, schneiden oder verformen
- Schallabsorption: verkürzt Nachhallzeiten und „schluckt“ störende Frequenzen
- Wärme-Isolation: bietet auch thermische Dämmung (je nach Dichte)
- Alterungsbeständig in Innenräumen: langlebig bei sachgemäßem Einsatz
Typen von Akustikschaumstoff und ihre speziellen Eigenschaften
Akustikschaumstoffe variieren in Grundmaterial, Porengröße, Materialdichte, Formgebung und Anwendungsbereich. Jede Variante bringt spezifische Eigenschaften mit sich, die ihre Eignung für bestimmte Einsatzbereiche beeinflussen. Die verschiedenen Akustikschaumstoffe lassen sich grundsätzlich nach zwei Kriterien unterscheiden:
Nach Basismaterial:
- PU-Akustikschaumstoff (Polyurethan): Häufigster Typ, flexibel, kostengünstig, gut formbar, in verschiedenen Oberflächenformen erhältlich.
- MF-Akustikschaumstoff (Melaminharz): Leicht, schwer entflammbar, hitzebeständig, eher spröde, meist in hellgrauer Farbe (z. B. Basotect® von BASF).
- Kompositschaumstoff (Verbundschaumstoff): Aus recycelten PU-Schaumstoffen gepresst, sehr dicht und robust, oft für technische Anwendungen genutzt.
Nach Formgebung der Oberfläche:
- Noppenschaumstoff: Benannt nach der noppenartigen Struktur, gute Schallabsorption im Mittel- und Hochfrequenzbereich.
- Pyramidenschaumstoff: Pyramidenförmige Oberfläche zur breiteren Schallstreuung und gleichmäßigen -absorption.
- Glattplatten (ohne Profilierung): Werden oft hinter Verkleidungen oder in Kombination mit Designplatten eingesetzt.
Die o. g. Kategorisierungen können kombiniert auftreten: So gibt es z. B. pyramidenförmige PU-Akustikschaumstoffe oder glatt geschnittene Kompositschaumstoff-Platten.
Umwelt- und Gesundheitsaspekte
Auch die Umweltverträglichkeit von Akustikschaumstoffen unterscheidet sich je nach Typ und Herstellung. Die Produktion von Melamin erfordert sehr viel Energie. Zudem können dabei bedenkliche Stoffe wie Formaldehyd eingesetzt werden oder entstehen und später wieder ausgasen − ein EU-weites Melaminverbot wird daher diskutiert. Minderwertige PU-Akustikschaumstoffe können Isocyanatrückstände enthalten. Als sicher gelten entsprechend zertifizierte Produkte.
Überblick: Wichtige Zertifikate für schadstoffarme Akustikschaumstoffe
Zertifikat | Wofür relevant? | Was wird geprüft? | Besonderheit |
OEKO-TEX® Standard 100 | Textilbezogene Akustikschaumstoffe | Freiheit von Schadstoffen wie Formaldehyd, Pestiziden | Besonders strenge Anforderungen in Klasse I & II |
CertiPUR | Akustisch wirksame PU-Weichschäume | Freiheit von verbotenen Substanzen, emissionsarm | Siegel speziell für Schaumstoffe |
Blauer Engel | Dämmstoffe (darunter auch Akustikschäume) | Umwelt- & Gesundheits-verträglichkeit | Zeichen des Bundes-umweltministeriums |
Die Wiederverwertbarkeit von Akustikschaumstoffen ist derzeit eher schlecht. Bei PU-Schaumstoffen wird fast ausschließlich mechanisches Recycling (z. B. die Vermahlung zu Flocken für Verbundschaumstoffe) betrieben. Methoden zum chemischen Recycling befinden sich in Entwicklung, sind aber noch sehr aufwendig. Meist erfolgt daher eine thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen.
Bei Melaminharz verhält es sich ähnlich: Es ist weder biologisch abbaubar noch einfach recycelbar. Herkömmlicher Kunststoff kann zerkleinert und anschließend unter Hitze zu neuen Produkten verformt werden. Melamin als sogenannter Duroplast härtet hingegen irreversibel aus: Es lässt sich zwar mechanisch zerkleinern, aber nicht einschmelzen und erneut formen. Deshalb werden ausrangierte MF-Akustikschaumstoffe ebenfalls verbrannt.
Mit dem Ziel einer verbesserten Umwelt- und Klimaverträglichkeit arbeiten Forschende an biobasierten Akustikschaumstoffen, etwa auf Stärke-, Zellulose- oder Ligninbasis. Bisher sind diese Produkte jedoch noch nicht marktreif für eine breite Anwendung.
Anwendungsbereiche und Produkte aus Akustikschaumstoff
Akustikschaumstoffe werden an Orten verbaut, wo Sprachverständlichkeit oder akustische Atmosphäre verbessert werden sollen. Bestimmte Produkte eignen sich zugleich zur Wärmedämmung. Es gibt auch akustisch wirksame Möbel: So werden manche Melaminharz-Akustikschäume als nichtbrennbare Schallschluck-Polster für Kino- oder Flugzeugsitze genutzt.
Typische Einsatzgebiete für Akustikschaumstoff sind:
- Kinos, Ton- und Musikstudios (z. B. Sitzpolster, Wandpaneele, Deckenelemente)
- Innenarchitektur & Raumgestaltung (z. B. Heimkinos, Großraumbüros, Veranstaltungshallen, Tagungsräume, Klassenzimmer, Kitas, Theater, Musikclubs)
- Maschinenbau und Fahrzeugbau (z. B. Motorraumdämmung, Geräuschkapselung)
- Industrie (z. B. Schall- und Wärmedämmung bei technischen Anlagen und Rohren)
- Haushaltsprodukte (z. B. Schallschutz für Türen, Waschmaschinenunterlagen)
Akustikschaumstoffe und herkömmliche Polsterschäume basieren teils auf denselben Materialien (meist PU), haben jedoch unterschiedliche Eigenschaften: Während Matratzen auf Komfort und Stützung optimiert sind, wird Akustikschaum auf Schallabsorption ausgelegt. Dennoch können gelegentlich beide Anwendungsbereiche ineinandergreifen, etwa bei schallabsorbierenden Sitz- oder Liegemöbeln.
FAQ
In geprüfter Ausführung und bei sachgemäßer Nutzung ist er nach derzeitigem Stand gesundheitlich unbedenklich. Es sollten jedoch emissionsarme, zertifizierte Produkte gewählt werden.
Je nach Qualität 5 bis 15 Jahre. Direkte Sonnen-Einstrahlung oder hohe Luftfeuchtigkeit können die Lebensdauer verkürzen.
Nur bedingt. Seine erdölbasierten Bestandteile wirken sich negativ aus − andererseits besteht er aus Recyclingmaterial, was Ressourcen schont und Abfälle vermeidet. Auch am Ende seiner Nutzungsdauer könnte er zu 100 % wiederverwertet werden, was aber derzeit kaum stattfindet.
Pyramidenformen bieten eine gleichmäßigere Schallabsorption, Noppen sind tendenziell preisgünstiger und einfacher zu montieren.
Üblich sind Klebesysteme, doppelseitige Klettbänder oder spezielle Montageschienen.
In der Regel nein – Feuchtigkeit kann die Struktur beschädigen. Eine Reinigung sollte nur trocken erfolgen.