Schlafwandeln

Aktualisiert am 22. November 2023
Veröffentlicht am 7. Oktober 2020

Schlafwandeln: Das wichtigste in Kürze

Beim Schlafwandeln handelt es sich um eine sogenannte Aufwachstörung. Schlafwandler wachen nicht vollständig auf, sondern befinden sich in einem Zustand zwischen Schlafen und Wachen. Schlafwandeln entsteht aus dem Tiefschlaf heraus. Wissenschaftler gehen davon aus, dass deshalb der Tiefschlaf dereguliert ist. Dabei können mehrere Faktoren eine Rolle spielen.

Einführung: Schlafwandeln (Somnambulismus, Nachtwandeln)

Der Name sagt eigentlich schon recht viel: Schlafwandeln. Vor allem deutet er hin auf die Rätselhaftigkeit dieser Schlafstörung. Schläft der Schlafwandler jetzt oder ist er nicht vielmehr wach, wenn er immerhin umherwandern kann? Über das Schlafwandeln existieren viele Gerüchte und Mythen. Kein Wunder, denn das Phänomen ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit. Entsprechend vielfältig sind die Erklärungsversuche und Annäherungen an das Thema. Was wissen wir heute über das Schlafwandeln? Im folgenden Beitrag versuchen wir, diese Frage zu beantworten.

Was ist Schlafwandeln?

Beim Schlafwandeln oder, um es im Fachjargon zu sagen, Somnambulismus verlässt eine schlafende Person das Bett, ohne aufzuwachen. Sie geht umher und verrichtet teilweise auch Tätigkeiten. Das dauert meist nur einige Minuten. In der Regel werden die Ereignisse am nächsten Morgen nicht erinnert.

Definition: Schlafwandeln

Schlafwandeln (Somnambulismus) ist eine Aufwachstörung, bei der bestimmte Teile des Gehirns wach sind, während andere Teile noch schlafen, sodass man auch von einem unvollständigen Erwachen spricht. Somnambulismus wird zur Untergruppe der Parasomnien gezählt wird, also zu den Schlafstörungen, die beim Erwachen, bei teilweisem Erwachen oder bei einem Schlafstadien-Wechsel auftreten und den Schlafprozess unterbrechen.

Was ist typisch für das Schlafwandeln?

Menschen, die vom Schlafwandeln betroffen sind, bekommen von ihren Aktivitäten in der Regel nichts mit. Typisch für Schlafwandler sind:

  • Im Bett aufsetzen
  • Aufstehen und Herumlaufen
  • Kauen, Kieferbewegungen
  • Selbstgespräche
  • An den Kühlschrank gehen
  • Frisur oder Kleidung herrichten
  • Bisweilen sogar putzen und kochen

Wirkliche komplexe Handlungen sind eher die Ausnahme. Am häufigsten bewegen sich Schlafwandler unruhig im Bett oder laufen in der Wohnung umher. Solche Episoden des Schlafwandelns dauern in den meisten Fällen ein paar Minuten. Das klingt soweit erst einmal relativ harmlos, Schlafwandeln kann aber auch ernsthafte Risiken mit sich bringen.

 

Ist Schlafwandeln gefährlich?

Wir alle kennen den Spruch von der “traumwandlerischen Sicherheit”. Eine solche Sicherheit besitzen Schlafwandler allerdings nicht. Prinzipiell besteht immer die Gefahr einer Verletzung. Das gilt vor allem, wenn die Umgebung relativ unbekannt ist. In Extremfällen verlassen Schlafwandler die Wohnung oder das Haus, irren ziellos umher und können Opfer eines Verkehrsunfalls werden. Aber auch in Innenräumen besteht das Risiko, zu stürzen oder sich an Gegenständen zu verletzen. Wer zum Schlafwandeln neigt, sollte Vorsicht walten lassen und je nach Ausprägung schützende Maßnahmen ergreifen.

Welche Ursachen hat das Schlafwandeln?

Das Schlafwandeln ist eine Schlafstörung. Untersuchungen in Schlaflaboren zeigen, dass Schlafwandeln im Tiefschlaf auftritt. Laut der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) geht die Wissenschaft davon aus, dass das Gehirn nach einem inneren oder äußeren Weckreiz (Geräusche, Lichtreize, Berührungen) nicht vollständig erwacht. Insofern handelt es sich beim Schlafwandeln um eine Aufwachstörung. Die Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Eine wichtige Rolle spielen offenbar genetische Faktoren. 80% der Schlafwandler haben in ihrem Familienkreis eine weitere Person, die schlafwandelt. Auch Stress kann zu einer Zunahme der Schlafwandel-Episoden führen. Beobachtet worden ist auch, dass sogenannte Schlaf-Vertiefungen wie Schlafentzug (z.B. nach einer durchwachten Nacht), ausgeprägter Alkoholgenuss, beruhigenden Medikamente oder Fieber, Auswirkungen auf das Schlafwandeln haben.

Eher selten sind körperliche Ursachen wie z.B. eine verdeckte Epilepsie oder andere Erkrankungen des Gehirns. Allerdings sollte auch das professionell abgeklärt werden.

Die Entkopplung zwischen Muskulatur und Gehirn

Schlafen heißt nicht einfach, dass Körper und Geist auf Null schalten. Das Gehirn etwa ist hochaktiv. Da es aber während des Schlafes von der Muskulatur entkoppelt ist, führen wir nicht aus, was wir zum Beispiel träumen. Die Muskeln sind gewissermaßen lahmgelegt. Diese Entkopplung ist beim Schlafwandler nicht gegeben. Das Gehirn sendet quasi ungestört Signale an die Muskulatur. Z.B. Steh auf, geh zum Kühlschrank, iss etwas … Und oftmals passiert das dann auch.

Wer ist vom Schlafwandeln betroffen?

Laut DGSM haben 15 – 30% aller Kinder zumindest eine Episode von Schlafwandeln. 

Bei 3-4% ist häufiges Schlafwandeln zu verzeichnen. Nach dem 10. Lebensjahr nimmt die Häufigkeit des Schlafwandelns ab. Die meisten Betroffenen sind dann symptomfrei. Bei 1% der Betroffenen bleibt das Schlafwandeln allerdings bis in das Erwachsenenalter hinein bestehen. Ein erstmaliges Auftreten im Jugend- oder Erwachsenenalter, besonders aber nach dem 60. Lebensjahr ist ungewöhnlich. Daher sollte man ausschließen, dass es sich um andere Störungsbilder handelt, die mit dem Schlafwandeln verwechselt werden können.

Dazu sollte man professionell abklären lassen, ob sich eine neurologische Störung hinter den Symptomen verbirgt.

Schlafwandeln – was tun? Die Checkliste

1. Die Diagnose

Zunächst muss durch eine Schlaf- bzw. Medikamentenanamnese und einer allgemeinärztlichen und nervenärztlichen Untersuchung analysiert werden, ob es sich tatsächlich um Schlafwandeln handelt oder eine andere körperliche Störung vorliegt. Dazu kann auch eine Untersuchung im Schlaflabor mit den Möglichkeiten zu einer Langzeit-EEG-Ableitung mit nächtlicher Video-Überwachung erforderlich sein.

2. Gezielte Information

Dann sollte auch das Umfeld der betroffenen Person ausführlich informiert werden, um sich auf das Schlafwandeln einzustellen.

3. Raumsicherung

Aus dem Schlafzimmer des Betroffenen sollten Möbel und Gegenstände, die eine Verletzungsgefahr mit sich bringen, entfernt werden. Fenster und Türen sollten durch Schlösser o.ä. gesichert werden. Eventuell auch durch Glocken, die schellen, wenn der Raum oder das Bett verlassen wird. Insbesondere dann, wenn sich Räume mit einer erhöhten Gefährdung in unmittelbarer Nähe befinden wie etwa die Küche oder der Hobbyraum. Manchmal kann es auch Sinn machen, einen Zweitschlüssel am Bein des Betroffenen zu fixieren, um beim Ausschließen aus der Wohnung eine Lösung parat zu haben. Bei nachweislich gefährlichem Schlafwandeln ist es womöglich nützlich, den Betroffenen durch leichtes Anbinden an das Bett vor allzu heftigen Impulsen zu schützen.

4. Schlafhygiene

Durch Unregelmäßigkeiten im Schlaf-Wach-Rhythmus kann sich die Tiefschlaf-Menge der betroffenen Person erhöhen. Das erhöht das Risiko für das Schlafwandeln. Darum sollte eine strikte Regelmäßigkeit beim Schlaf-Wach-Rhythmus eingehalten werden. Dazu empfehlen sich feste Zubettgeh- und Aufstehzeiten.

5. Entspannungsverfahren

Ständige Anspannung und Stress ist einer der Hauptauslöser für das Schlafwandeln. Daher empfiehlt es sich, in jedem Fall den Stress zu reduzieren. Dazu ist das Erlernen eines Entspannungsverfahrens empfehlenswert wie z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder Meditation. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein, dem Körper ein neues Verhaltensmuster anzutrainieren etwa durch das ständige Wiederholen und bildliche Vorstellen des Satzes: „Wenn meine Füße den Boden berühren, wache ich vollständig auf.“

6. Psychotherapeutische Behandlung

Je nach individueller Disposition kann eine kognitive Verhaltenstherapie durch ärztliche Psychotherapeuten dabei helfen, Stress- und Konfliktsituationen besser zu bewältigen. Das kann dann in der Folge dazu führen, dass die Häufigkeit der schlafwandlerischen Episoden abnimmt.

7. Medikamentöse Therapie

Eine Einnahme von Medikamenten sollte nur unter ärztlicher Aufsicht stattfinden. Medikamente helfen zunächst einmal nur beim Umgang mit den Symptomen, nicht bei der Heilung der Störung. Sie können zu einer Beruhigung der Ereignishäufigkeit führen. Allerdings kann eine längerfristige Einnahme zu einem Gewöhnungseffekt oder sogar zu einer Abhängigkeit führen. Daher sollte dieser Therapieansatz nur in enger Zusammenarbeit mit einem Experten stattfinden.

8. Umgang mit dem Schlafwandler

Wer nachts einem Schlafwandler gegenüber steht, sollte den Betroffenen nicht Hals über Kopf wecken. Es sei denn, es handelt sich um akute Notfälle. Der Schlafwandler sollte ruhig mit seinem Namen angesprochen und mit einer beruhigenden Ansprache zurück in das Bett begleitet werden.

FAQ

Bei Schlafwandlern sind jene Bereiche des Gehirns aktiv, die für die Bewegung zuständig sind, während andere Gehirnareale (Speichern von Erinnerungen z.B.) ein normales Schlaf-EEG aufweisen. Schlafwandeln ist also eine Aufwachstörung.

Bei Kindern und Jugendlichen verschwindet die Schlafstörung meist wieder. Erwachsene sollten vor allem Stress reduzieren, regelmäßige Schlafzeiten einhalten und die Schlafräume entsprechend sichern.

Das Schlafwandeln entsteht, weil das Gehirn in Teilen aus dem Tiefschlaf aufwacht und in anderen Teilen weiter schläft. Wissenschaftler vermuten, das der Tiefschlaf bei Schlafwandlern störungsanfälliger und weniger stabil ist als bei “normalen” Schläfern.

Studien, die die nächtliche Hirnaktivität von Probanden mit Hirnelektroden (Elektroenzephalografie) untersucht hatten, konnten nachweisen, dass das Schlafwandeln aus dem Tiefschlaf heraus entsteht.

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