Welche Schlafposition bei Lagerungsschwindel?

Zucken beim Einschlafen

Aktualisiert am 24. August 2023
Veröffentlicht am 19. August 2023

⏰ Das Wichtigste in Kürze

  • Lagerungsschwindel tritt nach bestimmten Kopfbewegungen auf
  • Typische Symptome sind Benommenheit, Übelkeit, Schweißausbrüche und Angstzustände
  • Oft treten die Schwindelattacken nachts im Bett beim Umdrehen auf
  • Die meist harmlose Schwindel-Art lässt sich leicht diagnostizieren & gut behandeln
  • Die richtige Schlafposition kann dann helfen, weniger Schwindelanfälle zu erleiden

Die beste Schlafposition bei Lagerungsschwindel (BPLS)

Stell Dir vor, Dir wird beim Umdrehen im Bett schwindelig. Von jetzt auf gleich schwitzt Du, und schrecklich übel ist Dir auch − doch wenig später fühlst Du Dich plötzlich wieder vollkommen okay. Genau das durchlebst Du öfter mal? Dann leidest Du womöglich unter einem weitverbreiteten Phänomen: dem Lagerungsschwindel. Unser Ratgeber informiert Dich über Ursachen, Therapie-Ansätze und „schwindelfreie“ Schlafstellungen.

Was ist Lagerungsschwindel?

Die Medizin kennt viele Erkrankungen, zu deren Anzeichen Gleichgewichts-Probleme und Schwindel gehören. Etwa 20 % aller Schwindel-Patient*innen leiden an dessen häufigster Form namens Benigner Paroxysmaler Lagerungsschwindel (kurz: BPL oder BPLS; engl.: Benign Paroxysmal Positional Vertigo, kurz BPPV):

  • Schwindel (lat./engl: Vertigo) ist das irrige Gefühl, dass sich unser Körper und/oder die Umgebung dreht bzw. heftig bewegt. Diese Beschwerden entstehen, weil sich die ans Gehirn übermittelten Informationen verschiedener Sinnesorgane widersprechen.
  • Lagerungsschwindel (lat./engl: Positional Vertigo) bedeutet, dass diese „Falschmeldungen“ stets bei Positions-Änderungen des Kopfes auftreten.
  • Paroxysmal heißt, dass der Schwindel anfallartig auftritt.
  • Benign (gutartig) besagt, dass diese Art von Schwindel im Grunde harmlos ist.

Obwohl der gutartige Lagerungsschwindel mit zunehmendem Alter vermehrt auftritt, können ihn auch junge Menschen bekommen. Männer trifft es nur halb so oft wie Frauen [Quelle: deximed.de]. Bei rund 50 % der Betroffenen dauern die unangenehmen Beschwerden nur maximal drei Monate an. Spontanheilungen sind häufig [Quelle: IQWiG]. Gefährlich werden Dir solche Schwindelanfälle höchstens, weil sie Dich psychisch belasten und Deine Sturzgefahr erhöhen können.

Medizinischer Hinweis:
Um sicherzugehen, dass Du wirklich „nur“ unter gutartigem Lagerungsschwindel leidest, solltest Du Dich ärztlich untersuchen lassen. In einer Praxis für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) kann man nicht nur Art und Ursache Deiner Schwindelanfälle feststellen: Auch sehr seltene, aber ernstzunehmende Auslöser wie Hirntumore oder Nervenentzündungen können ausgeschlossen werden. Verlass Dich besser nicht auf Selbsttests aus dem Internet!

Welche Ursachen hat Lagerungsschwindel?

Gutartiger Lagerungsschwindel entsteht nach aktuellem Forschungsstand meist durch winzige Kalziumkarbonat-Kristalle (Otolithen), die sich von Natur aus im Innenohr befinden. Bei bestimmten Kopfbewegungen − z. B. Drehungen im Schlaf −  können sich die Steinchen von ihrem angestammten Platz lösen. Manchmal rutschen sie dann unglücklich in einen der drei schlauchförmigen, mit Lymphflüssigkeit gefüllten Bogengänge.

In jedem Bogengang fungieren spezielle Nervenzellen (Rezeptoren) als Positions-Sensoren. Werden diese von den Kristallen überreizt, liefern sie dem Gehirn widersprüchliche Gleichgewichtssignale, die nicht zu den Meldungen der Augen passen. Die Folge: Bereits sanfte Bewegungen können jetzt unvermittelt heftige, aber nur kurz andauernde Schwindelanfälle auslösen. Warum genau sich die Kalkpartikel auf Wanderschaft begeben, konnte bisher nicht vollständig geklärt werden.

Als mögliche Auslöser für die Ablösung der Otolithen vermutet man:

  • Alterungsprozesse im Ohr
  • Innenohr-Erkrankung (z. B. Entzündungsprozesse)
  • Kopf- oder Ohrverletzung, z. B. durch Unfall oder OP
  • starke Erschütterungen des Kopfs
  • Flüssigkeitsmangel (zu geringe Trinkmenge)
  • lange Bettruhe
  • Migräne

Was ist die beste Schlafposition bei Lagerungsschwindel?

Du liegst im Bett, doch statt Erholung gibt es wieder mal Achterbahn? Das ist wirklich frustrierend − aber Du darfst hoffen: Obwohl Forschende noch nicht 100%ig klären konnten, welche Vorgänge genau Lagerungsschwindel hervorrufen, wird eine Verbindung zur Kopfposition beim Schlafen vermutet. So konnte eine koreanische Studie zeigen, dass viele Betroffene gewohnheitsmäßig am liebsten auf dem Ohr schlafen, von dem auch der Schwindel ausgeht.

Vorsicht:
Vermeidungsstrategien wie etwa das Schlafen mit aufrechtem Oberkörper können das Abklingen Deiner Symptome verzögern! [Quelle: Der Nervenarzt 10/2004]

Mediziner*innen raten, Schwindelanfälle beim Liegen bzw. Schlafen lieber mit Hilfe bestimmter Körperpositionen zu reduzieren. Doch welche Schlafstellung kann Dir ganz persönlich am besten helfen, nachts trotz Schwindelgefahr wieder länger durchzuschlafen? Schauen wir uns die Vor- und Nachteile Deiner Optionen mal genauer an.

Bauchlage bei Lagerungsschwindel

Reden wir zuerst über eine Position, die Du bei bestehendem Lagerungsschwindel eher meiden solltest: die Bauchlage. Das Schlafen auf dem Bauch ist schon generell nicht empfehlenswert, weil die Wirbelsäule dabei nicht ihre natürliche Position einnehmen kann. Vor allem der Nackenbereich wird stark überstreckt, was nicht selten Muskelverspannungen und Rückenschmerzen auslöst.

Dein Schwindelproblem kann sich dadurch verschlimmern, dass die Kopfstellung bei Bauchlage den Druck aufs Innenohr erhöht. Davon abgesehen läufst Du auf dem Bauch liegend Gefahr, Deinen Kopf wegen der sonst drohenden Luftnot besonders oft von einer Seite zur anderen zu drehen. Auch das kann Schwindelanfälle auslösen. Insgesamt raten Fachleute deshalb vom Schlafen in Bauchlage ab − erst recht bei bestehendem Lagerungsschwindel.

Seitenlage bei Lagerungsschwindel

Einer aktuellen Umfrage zufolge bevorzugen rund 80 % der Deutschen die Seitenlage. Auf der Seite mit dem gesunden Ohr zu liegen, kann sich tatsächlich auch bei Problemen mit Lagerungsschwindel angenehm anfühlen. Doch die beliebte Schlafposition kann Probleme verursachen: Drehst Du Dich auf das betroffene Ohr um, kann dies den Druck auf die verrutschen Ohrsteinchen schlagartig verstärken, und die nächste Schwindelattacke droht.

Leider kannst Du die Drehungen Deines Körpers im Schlaf kaum kontrollieren: Wer seitlich schläft, wird sich unwillkürlich mehrmals pro Nacht umdrehen − denn irgendwann wird auch die gemütlichste Schlafstellung unbequem. Exakt solche Drehbewegungen ermöglichen es den verirrten Mini-Kristallen aber, in Deinem Ohr umherzutrudeln und die Nerven-Rezeptoren zu irritieren. Deshalb solltest Du vorerst so selten wir möglich in der Seitenlage schlafen.

Rückenlage bei Lagerungsschwindel

HNO-Ärzt*innen raten bei Lagerungsschwindel meist zur Rückenlage: Sie erlaubt eine sehr gleichmäßige Verteilung des Körpergewichts. So wird Deine Muskulatur entlastet und auch der Druck aufs Innenohr verringert. Manche Betroffene scheinen ihren Kopf seltener zu drehen, wenn sie ihn zusätzlich mit einem anpassungsfähigen Nackenstützkissen stabilisieren. Studien dazu, ob sich auf diese Weise die Frequenz nächtlicher Schwindelattacken senken lässt, gibt es aber noch nicht.

Damit Deine Wirbelsäule ihrer naturgegebenen Doppel-S-Form folgen kann, sollte Dein Kissen jetzt eher flach sein. Besonders praktisch sind höhenverstellbare Nackenkissen: Sie lassen sich dank entnehmbarer Schaumschichten individuell an Deine Schlafsituation anpassen. Hilfreich ist auch eine mittelfeste, punktelastische Matratze mit guten Stützeigenschaften: Eine komfortable Liegefläche kann erfahrungsgemäß den nächtlichen Bewegungsdrang reduzieren.

Medizinischer Hinweis:

Bei Lagerungsschwindel gibt es nicht „die eine“ perfekte Schlafposition. Weil wir alle einzigartig sind, können wir auf verschiedene Schlafpositionen auch unterschiedlich reagieren. Frage deshalb in Deiner HNO-Praxis nach, welche Schlafstellung sich für Dich persönlich am besten eignet.

Was tun gegen Lagerungsschwindel?

Normalerweise dauern die Symptome eines Lagerungsschwindels höchstens einige Wochen oder Monate an, ehe sie irgendwann ganz von selbst nachlassen. Dennoch raten wir Dir, bei Anzeichen wie Schwindel und Übelkeit medizinische Hilfe zu suchen: Fachärzt*innen können Dir nämlich Übungen beibringen, mit denen Du den Schwindel auch bei einem eventuellen Rückfall immer wieder rasch in den Griff bekommst.

Bei der Untersuchung kommen sogenannte Provokationsmanöver zum Einsatz: Im Sitzen (Dix-Hallpike-Test) oder Liegen (Supine-Head-Roll-Test) wird mittels bestimmter Kopfbewegungen absichtlich Schwindel hervorgerufen. So lässt sich klären, ob es sich tatsächlich um den harmlosen BPLS handelt. Bestätigt sich diese Diagnose, erfolgt meist auch gleich die erste Behandlung.

Je nachdem, welcher der drei Bogengänge betroffen ist, werden passende Befreiungsmanöver (z. B. Epley-, Sémont- oder Gufoni-Manöver) durchgeführt, um die verirrten Otolithen wieder herauszubewegen. Das Ganze ähnelt einem Geduldsspiel: Manchmal klappt es auf Anhieb − möglicherweise musst Du die Übungen aber auch noch eine Zeitlang zuhause als Selbstmanöver durchführen, bis Dein Lagerungsschwindel komplett vergeht.

Prognose bei benignem Lagerungsschwindel:

In der Hälfte aller Fälle verschwinden die Symptome von alleine. Von den restlichen, die ärztliche Hilfe suchen, werden nahezu 100 % durch Befreiungsmanöver symptomfrei. Therapieresistente, chronische Fälle können heute meist chirurgisch vom BPLS befreit werden.
Innerhalb von fünf Jahren erleiden je nach Form des Lagerungsschwindels etwa 25 bis 50 % aller Betroffenen mindestens einen Rückfall. [Quellen: Der Nervenarzt 10/2004, Deximed, PubMed]

Medikamente sind bei Lagerungsschwindel höchstens dann sinnvoll, wenn Dich die lästigen Auswirkungen gerade in der Anfangszeit extrem beeinträchtigen. Ohne eine medikamentöse Therapie kann sich Dein Gehirn aber rascher an die neue Situation gewöhnen [Quelle: Neurologen und Psychiater im Netz). Weil die bewährten Lagerungsmanöver zudem sehr gute und schnelle Erfolge erzielen, bekommst Du gegen BPLS meist keine Schwindel-Arznei verschrieben.

Kann man Lagerungsschwindel vorbeugen?

Dass es bei Lagerungsschwindel relativ häufig zu Rückfällen (med.: Rezidiven) kommt, ist schon lange bekannt − doch die Ursache blieb bis vor kurzem völlig im Dunkeln. Erst seit der Veröffentlichung einer südkoreanischen Studie im September 2020 diskutiert die Fachwelt über einen möglichen Zusammenhang zwischen Lagerungsschwindel, Osteopenie (verminderter Knochendichte) und damit indirekt auch den Knochenbausteinen Calcium und Vitamin D.

Ein wissenschaftliches Team der Universitätsklinik Chungnam hatte zwei Gruppen frisch genesener Patient*innen aus acht Krankenhäusern untersucht, die wir hier A und B nennen. 12 Monate lang erhielten die Teilnehmenden der Gruppe A zweimal täglich Calcium und Vitamin D, sobald ihr Vitamin-D-Spiegel laut Bluttest eine festgelegte Grenze unterschritt. Die Mitglieder der Gruppe B wurden ohne derartige Medikationen zu ihren Nachuntersuchungen bestellt.

In Gruppe B ereigneten sich während der Beobachtungsphase durchschnittlich 1,1 Rückfälle pro Person. In Gruppe A lag die Rezidivrate tatsächlich nur bei 0,83. Anders gesagt: Mit den Nahrungsergänzungsmitteln war das Risiko für erneute Schwindelattacken um 24 % geringer als in der Kontrollgruppe. Bei Betroffenen mit Vitamin D-Mangel konnte die Gabe von Calcium und Vitamin D das Rückfallrisiko also offenbar senken.

Leider gibt es keine Zauberformel, um die Rückkehr Deines Lagerungsschwindels komplett zu verhindern − doch Du kannst einiges tun, um das Risiko zu reduzieren. Vermeide abrupte Kopfbewegungen und steh nach dem Liegen stets langsam auf. Regelmäßiger Sport zur Stärkung der Nacken- und Schultermuskulatur kann Dir ebenfalls helfen, zukünftig besser mit Schwindelanfällen fertigzuwerden.

Im Interview bestätigt Prof. Christoph Helmchen, Leiter der Schwindelambulanz Lübeck, dass Vitamin-D-Gaben in bestimmten Fällen von Lagerungsschwindel sinnvoll sein können. Auffällig ist auch die Erkenntnis, dass viele Betroffene bis zu ihrer Erkrankung bevorzugt auf dem „Schwindel-Ohr“ geschlafen haben. Ob Du weiteren Schwindelanfällen durch den Wechsel Deiner Schlafpositionen vorbeugen kannst, müssen weitere Studien aber erst noch klären.

FAQ

In der Bauch- oder Seitenlage drehen wir unseren Kopf häufig von einer Seite zur anderen. Solche Kopfbewegungen können Schwindelattacken auslösen. Bei Lagerungsschwindel schlafen viele Menschen deshalb am liebsten auf dem Rücken.

Besonders ältere Betroffene sollten trotz Schwindel in Bewegung bleiben, um ihre körperliche Fitness zu erhalten. Außerdem können alltägliche Bewegungen die Verringerung der Symptome beschleunigen. Spezielle Bewegungsabläufe gegen Lagerungsschwindel erlernt man in der HNO-Praxis.

Nein. Die Symptome können generell bei raschen Kopfbewegungen auftreten − also auch beim Bücken, Kopf-in-den-Nacken-Legen oder Aufstehen aus dem Liegen.

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