ASMR – was ist das?

Aktualisiert am 22. November 2023
Veröffentlicht am 14. Juni 2023

⏰ Das Wichtigste in Kürze

  • ASMR ist die Abkürzung für Autonomous Sensory Meridian Response
  • Dieses angenehme Kribbeln auf der Haut wird durch bestimmte Triggerreize ausgelöst
  • Diese Trigger können auditiv, visuell und/oder taktil sein
  • ASMR-Videos und -Apps sind als Entspannungs- oder Einschlafhilfen beliebt
  • Nicht alle Menschen sind gleich empfänglich für ASMR

ASMR: Was steckt hinter dem Online-Phänomen zur Entspannung?

Alltagsstress kann unser Leben bestimmen. Nach Meetings, To-Do-Listen, Mehrarbeit und Konkurrenzkampf warten in der Freizeit schon Familie, Haushalt, Hobbys und Freundeskreis auf uns. Beruflich wie privat lassen wir uns immer stärker durch moderne Technologien strukturieren und verplanen. Doch da ein Tag nach wie vor nur 24 Stunden hat, schaffen wir selten alles, was wir uns vorgenommen hatten.

Sehnst auch Du Dich danach, trotz dieses Drucks zu relaxen und leichter Ruhe zu finden? Vielleicht kann Dir eine noch recht neue Methode namens ASMR dabei helfen! Doch was verbirgt sich wirklich hinter dem Youtube-Hype, der Gestresste aller Länder angeblich so einfach und schnell in tiefe Entspannung versetzt? Lies in den kommenden 5 Minuten alles, was Du über das faszinierende Zeitgeist-Phänomen ASMR unbedingt wissen solltest.

Was ist ASMR?

ASMR steht für Autonomous Sensory Meridian Response (=autonome sensorische Meridian-Reaktion). Es handelt sich dabei um ein wohliges Kribbeln (Tingle) oder eine ähnlich angenehme Empfindung, die sich oft vom Scheitelbereich, Hinterkopf oder Nacken aus entlang der oberen Wirbelsäule bis in die Schulterregion ausbreitet und eine tiefe Entspannung auslöst. Sensorisch wird ASMR oft auch wie eine sehr leichte elektrostatische Aufladung beschrieben.

Menschen, die ASMR erleben, beschreiben das Gefühl als äußerst behaglich und beruhigend. Ausgelöst wird es meist durch spezielle akustische, visuelle oder taktile Reize (sogenannte ASMR-Trigger). Da sich einige weibliche ASMR-Künstlerinnen bewusst hingebungsvoll und verführerisch zeigen, ist die Grenze mancher Videos zur Sexarbeit fließend. Pornografisch oder nicht: Die Zusehenden erhalten oft Einblick in eine intime Situation, die Stress und Belastung vergessen macht.

Auslöser bei ASMR

Die Auslöser für ASMR können sehr vielfältig sein. Sanftes Flüstern, leises Rascheln, zarte Berührungen oder sachte bzw. regelmäßig wiederkehrende Geräusche rufen offenbar die stärksten Reaktionen hervor. Auch visuelle Reize wie das Betrachten sich wiederholender Bewegungen oder das Beobachten präziser Gestik können ASMR auslösen. Jeder Mensch reagiert jedoch individuell auf Reize − und längst nicht jede*r empfindet überhaupt jemals ASMR.

Ein aktueller Trend in der Fanszene sind Rollenspiele, bei denen ASMR-Artists gezielt Trigger-Situationen schaffen. Dazu wird oft ein einseitiger Dialog mit den Zuhörenden gespielt, etwa ein Bewerbungsgespräch oder ein Beauty-Treatment. Die Interviewer stellen dazu mit Flüsterstimme Fragen, warten aufmerksam lauschend die fiktive Antwort ab und machen anschließend typische ASMR-Geräusche wie Tastaturklappern oder das Kratzen eines Stifts auf Papier.

Zu den typischen ASMR-Triggern gehören:

  • Flüstern
  • leise Geräusche wie Rascheln oder Knistern
  • monotone Sounds wie Meeresbrandung, tropfendes Wasser oder Klopfen
  • mehrmalige Wiederholung von Wörtern oder Gesten
  • akkurate Handbewegungen
  • langsames Kauen, Schmatzen oder Schlürfen
  • sanftes Berühren oder Streicheln
  • ausgiebiges Bürsten oder Kämmen langer Haare
  • fiktive Rollenspiele (z. B. Zahnarzt- oder Friseurbesuch, Bewerbungsgespräch)
  • Triggerwörter oder -sätze (auch in für die Follower unverständlichen Fremdsprachen)

Wissenschaftliche Einschätzungen zu ASMR

Obwohl ASMR seit seiner erstmaligen Erwähnung in Social Media 2010 immer mehr Follower*innen findet, gibt es bislang nur erste Ansätze wissenschaftlicher Forschung zu diesem Phänomen. Einige Studien konnten aber schon zeigen, dass ASMR tatsächlich messbare Veränderungen im Körper hervorrufen kann, zum Beispiel eine Erhöhung der Hirnaktivität und eine Senkung der Herzfrequenz.

Die psychologische Grundlage von ASMR ist noch nicht vollständig geklärt. Ein Teil der Faszination liegt vermutlich an der gefühlt sehr vertraulich wirkenden Situation, die in vielen der Videos hergestellt wird: Als soziale Wesen empfinden wir unwillkürlich eine Art Nähe oder Zweisamkeit mit den Darsteller*innen, die uns durch unterschiedlichste ASMR-Trigger erschauern lassen.

Fachleute fanden Hinweise darauf, dass die Wahrnehmung von ASMR auf eine verstärkte Endorphin-Ausschüttung im Gehirn zurückzuführen ist: Das körpereigene Notfall-Schmerzmittel tritt in diesem Fall als Glückshormon auf und bewirkt, dass uns ein Wohlgefühl durchströmt. Das bessere Verständnis der Mechanismen und Auswirkungen von ASMR erfordert jedoch weitere Untersuchungen an mehr Proband*innen.

Schädliche Nebenwirkungen von ASMR sind bisher nicht bekannt − zumindest Erwachsene scheinen die Videos gefahrlos nutzen zu können. Konsumieren Kinder oder Jugendliche ASMR-Content, lauert im Hintergrund aber stets die Gefahr: Pädophile nutzen den Hype aus und suchen gern in Online-Gemeinschaften oder ASMR-Chats nach Opfern. Auch Kinder, die selbst ASMR-Inhalte hochladen, setzen sich − mangels ausreichender Prävention meist völlig unbedarft − diesem Risiko aus.

Unser Fazit: Entspannung durch Flüstern, Rascheln und Pusten?

ASMR hat zweifellos eine wachsende Fangemeinde. Millionen von Menschen rund um den Globus entspannen sich mit ASMR-Videos, -Apps und -Hörbüchern − oder versuchen es zumindest. Die Forschung zu diesem Phänomen steht noch an ihren Anfängen. Doch schon jetzt weist einiges darauf hin, dass ASMR manchen Menschen tatsächlich zu verbessertem Stressabbau und erholsamerem Schlaf verhelfen kann.

Falls Dir bestimmte ASMR-Auslöser widerstreben oder unangenehme Gefühle bei Dir erzeugen, ist aber auch das völlig normal. Nicht jede*r spricht auf jeden Trigger bzw. auf ASMR generell an. Schon 2017 wiesen Studienergebnisse darauf hin, dass eine Kombination bestimmter Persönlichkeits-Merkmale besonders empfänglich für ASMR macht. Umgekehrt ist es durchaus möglich, dass bei Dir keiner der Trigger funktioniert. In diesem Fall solltest Du andere Entspannungs-Strategien wählen.

FAQ

Die autonome sensorische Meridianreaktion (ASMR) ist ein Wahrnehmungsphänomen, das durch angenehmes, sich vom Kopf oder Nacken aus ausbreitendes Kribbeln gekennzeichnet ist. Bei dafür empfänglichen Personen tritt diese wohlige Entspannung zuverlässig auf, sobald ein bestimmter auslösender Reiz (z. B. Flüstern oder Rascheln) wahrgenommen wird.

Da ASMR eine spontane Reaktion auf bestimmte Auslöser darstellt, setzt man sich dabei bewusst solchen Reizen aus. Entsprechende Videos, Apps, Hörspiele oder Hörbücher richten sich an unterschiedlichste Zielgruppen und bieten typische ASMR-Trigger in kreativ aufbereiteter Form.

ASMR richtet sich hauptsächlich an Menschen, die einen Ausgleich zum alltäglichen Stress suchen. Studien deuten jedoch darauf hin, dass der Grad der ASMR-Empfänglichkeit von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen abhängt. Wenn dies stimmt, richtet sich ASMR womöglich nur an einen eingeschränkten Personenkreis.

Sanfte Klänge und beruhigende Stimmen lassen viele Menschen schläfrig werden. Ähnlich wie das Schaukeln eines Babys in der Wiege können auch die sich wiederholenden, gleichmäßigen Geräusche oder Bewegungen in ASMR-Medien das Einschlafen erleichtern.

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