Inhaltsverzeichnis
Aktualisiert von Laura am 3. Juni 2025
Veröffentlicht von Petra am 3. Juni 2025
Kurz und knapp: Schaumstoff im Überblick
- Besteht aus einer aufgeschäumten Grundmasse
- Kann zugleich leicht, elastisch, stoßdämpfend und luftdurchlässig sein
- Lässt sich dank zahlreicher Varianten sehr vielseitig nutzen
- Haupt-Einsatzbereiche: Polster, Matratzen, Medizin, Hygiene, Sport, Bau, Verpackungen
- Umweltfreundlichere Alternativen zu erdölbasierten Schäumen sind im Kommen
Definition: Was ist Schaumstoff?
Die Norm DIN 7726 definiert Schaumstoffe als „Werkstoffe mit über die gesamte Masse verteilten Zellen (offen, geschlossen oder beides) und einer Rohdichte, die niedriger ist als die Dichte der Gerüstsubstanz“. Die meisten Schaumstoffe entstehen dadurch, dass Luft oder andere Gase in eine flüssige oder pastöse Grundmasse eingearbeitet werden. Diese Masse kann aus Kunststoffen, Kautschuk, aber auch Materialien wie etwa Beton, Metall oder Cellulose bestehen.
Entstehung, Herkunft und Herstellung
Nachdem schon 1929 zwei bei Dunlop Rubber angestellten Chemikern die Herstellung des ersten Latex-Schaumgummis gelungen war, erfand Dr. Otto Bayer als Laborleiter der damaligen IG Farben (heute Bayer AG) 1937 eher zufällig den ersten synthetischen Schaumstoff aus Polyurethan (kurz: PU oder PUR). Das zur damaligen Zeit völlig neuartige, vielfältig nutzbare Material trat rasch seinen Siegeszug um den Globus an.
Noch heute werden ähnliche Schaumstoffe aus Latex, hauptsächlich aber aus Kunststoffen wie Polystyrol (PS), Polyvinylchlorid (PVC), Polyurethanschaum (PU/PUR) oder Polyethylen (PE) gefertigt. Da diese erdölbasierten Produkte kostengünstiger und beim Herstellprozess einfacher handhabbar sind, haben sie den ursprünglichen Ausgangsstoff Naturkautschuk mengenmäßig rasch überholt.
Bei der Herstellung von Schaumstoff wird eine Grundmasse zu Schaum aufgebläht und härtet dann aus. Je nach Material und Verfahren entstehen unterschiedliche Zellstrukturen, die die Merkmale des Endprodukts mitbestimmen. Ein Beispiel: Für Matratzen oder Polstermöbel werden gezielt flexible, stützfähige Schäume produziert, die starken Belastungen auch über längere Zeiträume hinweg standhalten sollen.
Sämtliche Schaumstoffe haben eine vergleichsweise geringe Dichte, sind also immer bedeutend leichter als ihr Ausgangsmaterial. Die Wahl des richtigen Schaumstoffs hängt von den Anforderungen an Festigkeit, Gewicht, Isolierung, Nachgiebigkeit und anderen Faktoren ab. Durch unterschiedliche Grundstoffe und Herstellverfahren lassen sich die späteren Eigenschaften gezielt steuern, sodass Schaumstoffe sehr vielseitig verwendbar sind.
Charakteristische Eigenschaften von Schaumstoff
- Flexibilität, Elastizität: Je nach Ausgangsmaterial und Typ verschieden ausgeprägt
- Dämpfungsfähigkeit: Hohe Stoß- und Schallabsorption
- Atmungsaktivität: Bei offenzelliger Struktur sehr luftdurchlässig
- Feuchtigkeitsbeständigkeit: Bei geschlossenzelliger Struktur wasserabweisend
- Niedrige Dichte: Durch hohen Gas- bzw. Luftanteil sehr leicht
- Formstabilität: Ausgeprägt vor allem bei hochwertigen Schaumstoffen (z. B. Latexschaum, Viscoschaum, Kaltschaum)
- Hitzebeständigkeit: Beeinflussbar durch Auswahl des Grundmaterials
- Schlechte Wärmeleitung: Gute Isolierfähigkeit, ideal zur Wärmedämmung
Überblick: Mögliche Anwendungsbereiche von Schaumstoffen
Für zahlreiche Branchen und Lebensbereiche sind Schaumstoffe aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften unverzichtbar geworden. Ihre spezifischen, nach Belieben steuerbaren Materialeigenschaften ermöglichen maßgeschneiderte Lösungen für unterschiedlichste Anforderungen − deshalb erhebt auch die folgende Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Anwendungsmöglichkeiten von Schaumstoff (Beispiele)
- Möbelindustrie: Matratzen, Kissen, Polsterungen für Sofas, Sessel und Stühle
- Fahrzeugbau: Sitzpolster, Armlehnen, Schalldämmung
- Medizin & Orthopädie: ergonomische Matratzen, Kissen, Lagerungshilfen
- Sport & Freizeit: Gymnastik-, Yoga- und Sportmatten, Sportgeräte, Schuhsohlen
- Verpackung & Transport: Stoßdämpfende Verpackungen, Isolierung
- Bauindustrie: Wärmedämmung, Schalldämmung, Isolierung, Leichtbauteile
- Gartenbau: Erdzugabe für bessere Bodenbelüftung, Substrate für Hydrokultur
- Hygiene: Spül- und Badeschwämme (PU- oder Celluloseschäume), Reinigungsfilter
Umweltverträglichkeit von Schaumstoff
Das Umweltbundesamt (UBA) bewertet den Einsatz großer Mengen synthetischer Schaumstoffe kritisch. Ihre Herstellung ist energie- und rohstoffintensiv. Viele der für die Produktion des Grundstoffs Polyurethan benötigten Isocyanate sind giftig oder gelten als krebsauslösend. Seit August 2023 dürfen Polyurethane deshalb nur noch von geschultem Personal unter Vorsichtsmaßnahmen verarbeitet werden. Vom fertigen PUR-Schaum geht jedoch keine Gefahr mehr aus.
Allerdings können synthetische Schaumstoffe bereits während des Gebrauchs Mikroplastik freisetzen. Spätestens am Ende ihrer Nutzungsdauer gelangen größere Mengen Kunststoffe in die Umwelt. Die Verbraucherzentrale warnt zudem vor bedenklichen Zusätzen (Weichmacher, Flammschutzmittel) in manchen Schaumstoffen.
Die zunehmende Bedeutung von Umweltverantwortung und Nachhaltigkeit eröffnet Herstellern zugleich aber auch Chancen zur Markterweiterung durch innovative Produkte. BASF präsentierte im Frühjahr 2024 eine neue Generation flexibler PUR-Schäume, die vollständig recycelbar sind und als Rohstoff für neue Schaumstoffe genutzt werden können − sofern sie tatsächlich dem Recyclingkreislauf zugeführt werden.
Ein weiterer Ansatz sind biobasierte Schäume, die zumindest anteilig nachwachsende Rohstoffe enthalten. Bis zur vollständigen Umstellung auf reine Bio-Schaumstoffe raten Umweltbehörden und Verbraucherschutz-Organisationen zum verantwortungsvollen Umgang mit Schaumstoff-Produkten. So kann der Kauf hochwertiger, langlebiger Matratzen oder Polstermöbel den CO₂-Abdruck auf lange Sicht senken, weil sie seltener ersetzt werden müssen.
Einordnung: Kategorien von Schaumstoff
Schaumstoffe sind nach unterschiedlichsten Gesichtspunkten klassifizierbar, zum Beispiel nach ihrer Produktionsmethode, ihrer Form direkt nach der Fertigung, ihren Ausgangsmaterialien oder ihrem Einsatzbereich. Nachfolgend aufgeschlüsselt nach unterschiedlichen Kategorien einige der gängigsten Beispiele für Schaumstoffe und deren Einsatzbereiche.
Nach Herstellungsmethode
- Chemisch geschäumte Schaumstoffe: Zugesetzte Treibmittel reagieren miteinander und setzen Gas frei, welches die Grundmasse (meist Polyurethan oder Polystyrol) aufschäumt. Derartige PU- und PS-Schäume finden sich in Matratzen, Polstermöbeln, Verpackungen, Sportmatten und Isolierungen.
- Physikalisch geschäumte Schaumstoffe: Unter Druck wird Gas zugeführt, das sich bei Senkung des Drucks ausdehnt und das Material aufschäumt. Es entstehen steife, leichte Schaumstoffe für Dämmplatten, Verpackungen, Schwimmhilfen. Populäre Variante: Styropor® aus mit Pentan versetzten Polystyrol-Perlen. Unter Hitze dehnt sich das Gas aus und bläht die Kügelchen auf, wobei sie in der Form zusammenbacken.
- Mechanisch geschäumte Schaumstoffe: Weniger gebräuchliche Methode, bei der das Gas durch mechanisches Einrühren in die Grundmasse (meist Beton) gelangt. Der so erzeugte Schaumbeton ergibt langlebige Leichtbaumaterialien und Isolierungen.
- Verbundschaum: Aus geflockten PU-Schaum-Reststücken unter Hitzeeinwirkung gepresst. Sehr fest, hoch belastbar, dämmend und verrottungsfest. Geeignet für Sportmatten, Anti-Vibrations-Matten (z. B. unter Waschmaschinen) und Schallschutz-Verkleidungen.
Nach Ausformung
- Formschaum: Wird direkt in eine Form gegossen und erhärtet dort ohne nachträgliche Bearbeitung. Gezielt gefertigt für bestimmte Anwendungen (Fahrzeugsitze, Bürostühle, Talalay-Latex-Matratzen).
- Block- oder Plattenschaum: Preisgünstiger, weil in großen Blöcken oder Platten hergestellt und erst später bei Bedarf zugeschnitten. Verwendung in Matratzen, Polstern und Verpackungen.
- Schaumstoff-Rollen (in unterschiedlichen Durchmessern): PU-Schaumrollen für Polsterungen, Verpackungen oder als Unterlagen; Schaumrollen aus Polyethylen (kurz: PE) für Isolierungen, Schutzschichten oder im Handwerk.
- Schaumstoff-Granulat (fein) oder -Flocken (grob): Oft aus Rest- oder Recyclingmaterial, genutzt als Füllmaterial für Sitzsäcke und Kissen, für Verpackungen oder als Zuschlagstoff für Leichtbeton.
- Schaumstoff-Folien: Sehr dünne Schaumstoffplatten als Verpackung, Isolier- oder Schutzschicht.
- Ortschaum: Ein Sonderfall, da er flüssig abgefüllt und erst am Einsatzort aufgeschäumt wird (meist am Bau, z. B. als Montageschaum für Hohlräume, Schaumkleber zum Verbinden von Bauteilen)
Nach Ausgangsmaterial
- Polystyrol (PS-Schaum): Relativ starr und unelastisch, aber leicht bei hervorragenden Dämm-Eigenschaften, bekannte Beispiele sind Styropor® und Styrodur®.
- Polyethylen (PE-Schaum): Geschlossenzellig, wasserabweisend und widerstandsfähig. Eingesetzt in Verpackungen, Isolierungen und Sportmatten.
- Schaumgummi: Elastischer, langlebiger Schaum von hoher Dichte aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk. Verwendet für Schuhsohlen, Dichtungen und Sportartikel.
- Latex (Latexschaum), hierunter fallen:
- Naturlatex: Gewonnen aus Kautschukbaum-Milch, elastisch und langlebig.
- Talalay-Latex: Naturlatex mir aufwendigem Herstellungsverfahren, besonders atmungsaktiv und von gleichmäßige Struktur.
- Synthetisches Latex: Kunstlatex auf Erdölbasis, imitiert natürliche Latex-Eigenschaften.
- Polyurethanschaum (PU-, auch PUR-Schaum): Weich, elastisch und vielseitig einsetzbar. Häufiger Hauptbestandteil von Polstermöbeln, Matratzen, Verpackungen. Untertypen sind:
- Kaltschaum: Offenzelliger PUR-Schaum mit hoher Punktelastizität, atmungsaktiv und langlebig. Oft in hochwertigen Matratzen und Sitzpolstern.
- Komfortschaum: Ebenfalls aus Polyurethan, günstiger als Kaltschaum, aber weniger stabil. Wird vor allem für einfache Matratzen und Polster genutzt.
- HR-Schaum: HR steht für „High Resilience“ (dt.: Hohe Belastbarkeit). Diese hochwertige PU-Schaum-Variante ist besonders langlebig und atmungsaktiv, bietet eine bessere Stützung und Rückfederung.
- Viscoschaum (Memory-Schaum): Temperatur- und druckempfindlich, passt sich dem Körper an und kehrt nur langsam in seine Ursprungsform zurück. Verwendet in sogenannten „orthopädischen“ Matratzen und Kissen.
- Gelschaum: Visco- oder PU-Schaum mit Gelpartikeln, besonders anpassungsfähig und temperaturausgleichend.
- Eco-Schaum: Matratzenmaterial, aus nachhaltigen und/oder weniger schädlichen Chemikalien umweltschonender produziert als herkömmliche PU-Schäume.
- Mineralschaum: unelastisch, sehr haltbar, eingesetzt in Bauindustrie (Porenbeton) und Gartenbau (Perlite).
- Zellstoff- oder Celluloseschaum: aus Holzfasern, bekannt aus Spülschwämmen, kommt in Form von Kork (Rinde der Korkeiche) auch natürlich vor.
- Faserschaum: Aus verfilzten oder verwobenen Fasern, die eine poröse Struktur bilden. Nicht wirklich geschäumt, sondern durch mechanische oder thermische Verfahren hergestellt. Beispiele sind Vlies und Filz.
- Metallschaum: Hohe Festigkeit, hervorragende Schall- wie Stoßabsorption bei geringer Dichte, daher eingesetzt im Leichtbau und für Schallschutzwände.
- Bio-Schaumstoff: Umweltfreundlicher, weil aus nachwachsenden Rohstoffen (Pflanzenölen, Stärke, Zucker) hergestellt. Zunehmend verwendet für Verpackungen, Möbel, Isolierungen.
Nach Kunststoffart (Kategorie nur für synthetische Schaumstoffe) - Thermoplastische Schäume (z. B. PS-E, PP-E, PVC-E)
- Elastomere Schäume (z. B. PUR-Weichschaum, NBR)
- Duroplastische Schäume (z. B. PUR-Hartschaum, PF-Schaum, Blumensteckschaum)
Nach Anwendungsbereichen (Spezial-Schaumstoffe)
- Filterschaum: Offenporiger, durchlässiger PUR-Schaum für Luft- und Wasserfilter.
- Akustikschaumstoff: Bricht und absorbiert Schall, oft pyramiden- oder wellenförmig. Anwendung in Kinos, Tonstudios, Maschinenräumen.
- Antistatikschaum: Genutzt für elektronische Bauteile bzw. Geräte und deren Verpackungen
Nach Steifigkeit
- Hartschaum: Leicht- oder Hartschaumplatten, oft als Dämmmaterial.
- Schaumpolystyrol: Expandiertes Polystyrol („Styropor“), variabel in der Steifigkeit.
- Weichschaum: Elastomer-Weichschaum (Schaumgummi, Porengummi).
Nach Durchlässigkeit - Geschlossenporige Schaumstoffe: Aufgrund vollständig geschlossener Zellen meist eher fest, kann noch Treibgase wie CO₂ enthalten. Geschlossenzelliges Porengummi heißt Zellgummi.
- Offenporige Schaumstoffe: Seine Zellwände sind durchbrochen, er ist tendenziell weicher, lässt Luft durch und kann Flüssigkeit absorbieren. Ideal als Schalldämmung. Offenzelliges Porengummi heißt Schwammgummi.
- Gemischtporige Schaumstoffe: Mix aus beiden Zelltypen. Ein beliebtes Bastelmaterial ist das gemischtzellige Porengummi namens Moosgummi.
Nach Aufbau
- Integralschaum: Hat an seiner festeren Außenhaut eine höhere Dichte als im porigen Kern.
- Sandwich-/Verbundplatten: Beschichtete oder kaschierte Schaumstoffe, z. B. für Bauplatten.
Das hängt von deinen individuellen Bedürfnissen ab. Latex ist besonders langlebig, Visco- bzw. Memory-Schaum passt sich gut der Körperkontur an, und Kaltschaum ist atmungsaktiv und elastisch. Unabhängig davon solltest du auf einen hochwertigen Schaumstoff mit hohem RG-Wert (Raumgewicht) achten.
Offenzellige bzw. offenporige Schaumstoffe sind luftdurchlässig und nachgiebiger − geschlossenzellige bzw. geschlossenporige Varianten sind weniger atmungsaktiv, aber meist stützender.
Die Lebensdauer hängt von der Qualität ab. Hochwertige Kaltschaum- oder Latexmatratzen halten oft 8 bis 12 Jahre und müssen selbst dann eher aus hygienischen Gründen erneuert werden, während günstige Schaumstoffmatratzen schon nach 5 Jahren erste Dellen aufweisen können und dann ersetzt werden sollten.