„Zuhause ist kein Ort, sondern ein Gefühl“ – Im Gespräch mit Künstlerin Janina Oeij

Eine Frau in einem hellblauen Overall sitzt barfuß auf einem grünen Sofa in einem geräumigen Kunststudio, in dessen Hintergrund abstrakte Gemälde und Kunstzubehör zu sehen sind.

Aktualisiert von Marit Filger am 25. Juni 2025
Veröffentlicht von Marit Filger am 24. Juni 2025

Die Atelier-Edition ist eine limitierte Kollektion, inspiriert von Kreativschaffenden und kuratiert mit Gefühl für Farbe, Material und Ausdruck. Künstlerin Janina Oeij ist die Kreativpatin für den Levi-Stoff Cloud-Bouclé in Moosgold. Im Gespräch teilt sie ihren kreativen Prozess, erzählt, was für sie ein Zuhause ausmacht, und verrät, wie sie zwischen kreativem Freiraum und dem Druck des Alltags nicht den Mut verliert.

Erzähl uns von dir – wer bist du als Mensch und als Kreativschaffende, und wie hat dein beruflicher Weg deine Arbeit als Künstlerin geprägt?

Janina: Ich komme aus einem kreativen Zuhause in Bielefeld. Meine Mutter war mit meinem Bruder und mir oft im Wald oder am Meer unterwegs – und zuhause durften wir uns im Malkeller austoben. Mein Vater hat uns früh gezeigt, wie man mit Bohrmaschine und Säge umgeht. Kreativ sein, Dinge mit den Händen gestalten, sich ausdrücken – das war immer Teil meiner Kindheit.

Mein Weg in die Kunst war trotzdem kein gerader. Ich habe Produktdesign studiert, später in der Food-Fotografie gearbeitet – erst über viele Umwege bin ich zur freien Kunst gekommen. Besonders prägend war für mich das Kulturhaus in Bielefeld und der Austausch mit anderen Künstler*innen dort.

Es wird einem oft gesagt: „Mach doch was Sicheres, was Normales.“ Aber was heißt schon normal? Ich hatte das Glück, immer wieder Menschen an meiner Seite zu haben, die mir Mut gemacht haben, dran zu bleiben, meinen Weg zu gehen und meine Kunst ernst zu nehmen.

Geteiltes Bild: Die linke Seite zeigt einen unübersichtlichen Arbeitsbereich mit Farben, Pinseln, Papier und einer Hand, die hineinreicht. Die rechte Seite zeigt den Arm einer Person in einem weißen Ärmel, der auf einem braunen Stuhl neben einem abstrakten Gemälde ruht.

Wie würdest du deine Kunst in deinen eigenen Worten beschreiben?

Janina: Frei, intuitiv, manchmal chaotisch, aber immer sehnsuchtsvoll. Ich arbeite oft mit Naturthemen – Wasser, Ebbe und Flut, Strukturen, Bewegungen. Meine Kunst denkt nicht zu viel – sie fühlt.

Wie sieht ein Tag in deinem Atelier aus – und wie laufen kreative Prozesse bei dir ab?

Janina: Immer anders – es kommt ganz auf mein Bedürfnis an. Ich starte langsam, manchmal mit Schreiben, manchmal mit Kaffee und Musik. Oft räume ich erst mal auf, das bringt mich in einen guten Flow. Dann schaue ich mir Farben oder Materialien an und merke irgendwann, was sich richtig anfühlt. Ich versuche, nicht zu sehr zu kontrollieren. Und manchmal passiert auch einfach gar nichts – das gehört für mich genauso dazu.

Was inspiriert dich, wenn die kreative Energie mal ausbleibt?

Janina: Musik ist mein größter Türöffner – bestimmte Songs können sofort etwas in mir auslösen. Oder der Austausch mit anderen Kreativen, vor allem mit älteren Künstler*innen, die schon durch viele Phasen gegangen sind. Projekte helfen mir auch – ich liebe es, Räume zu gestalten, Kunst zu installieren, Konzepte zu denken, nicht nur einzelne Bilder.

Eine Person in einem rosa Kleid und schwarzen Turnschuhen hält Pinsel neben einer senfgelben Couch. Der Boden ist mit Farbe bespritzt. Eine Nahaufnahme der Couch erscheint auf der rechten Seite des Bildes.

Wie beeinflusst die Gestaltung deines Arbeits- oder Wohnraums deine Stimmung und Kreativität?

Janina: Sehr. Ich brauche Ordnung, Licht, Wärme. Mein Zuhause ist eher ruhig und klar – weil es in meinem Kopf so wild ist. Das Atelier ist für mich ein Ort, an dem alles seinen Platz findet – innen wie außen.

Wie würdest du den Levi-Stoff Cloud-Bouclé in Moosgold aus der Atelier-Edition beschreiben?

Janina: Er hat etwas Erdendes – wie Moos unter Bäumen. Die Struktur erinnert mich an ungemähte Wiesen im Sonnenlicht. Man möchte sich hineinlegen und verschwinden. Und ja – Levi ist auch einfach verdammt gemütlich.

Was bedeutet „Zuhause“ für dich?

Janina: Ich liebe das Wort – es zieht sich wie ein roter Faden durch meine Kunst. Ich bin zwischen zwei Kulturen aufgewachsen, deutsch und indonesisch, und genau das hat mein Verständnis von Zuhause geprägt. Für mich steckt Zuhause in Freundschaften, in kleinen Ritualen, in Kindheitserinnerungen. Es ist kein fester Ort, sondern ein Gefühl. Ein Gefühl, verstanden zu werden. Und ein Gefühl, das ich mir selbst erschaffen kann.

Wie hat sich dein Gefühl für „Zuhause“ im Laufe deiner künstlerischen Entwicklung verändert?

Janina: Früher war das ein diffuses Gefühl. Im Studium habe ich gelernt, es in Kunst zu übersetzen – durch Malerei, Installationen, Texte. Heute weiß ich auch: Mein Atelier ist mein eigentliches Zuhause. Der Verlust meines Ateliers in Bielefeld hat mir das schmerzhaft vor Augen geführt. Gleichzeitig hat er mir gezeigt, wie sehr ich diesen Ort brauche – nicht nur zum Arbeiten, sondern auch, um mich kreativ auszuleben. Das hat mein Verständnis von Zuhause nochmal ganz neu geformt.

Ein gemütlicher, senfgelber Sessel steht in einem Kunstatelier mit einem großen abstrakten Gemälde an der Wand, einem Wagen mit Kunstzubehör in der Nähe und einem mit Farbe bespritzten Boden.
Eine Frau in einem hellblauen Overall sitzt nachdenklich auf einem senfgelben Stuhl in einem Kunstatelier. Neben ihr sieht man in einer Nahaufnahme nackte Füße, die in einem weißen Rahmen mit der Aufschrift "Snooze Project" auf einem mit Farbe bespritzten Boden stehen.

Wie findest du die Balance zwischen kreativer Freiheit und wirtschaftlichem Druck?

Janina: Der wirtschaftliche Druck ist real – und er hemmt. Kreativität braucht Freiraum, Zeit, Leere. Aber das Leben in der Großstadt fordert anderes. Ich habe gelernt, pragmatisch zu sein, ohne mich dabei zu verlieren. Manchmal bedeutet das, andere Jobs anzunehmen, manchmal heißt es, mutig den eigenen Preis zu nennen. Ich glaube, es braucht ein starkes inneres Warum, um in diesem Spannungsfeld nicht auszubrennen. Und ich suche mir bewusst Phasen, in denen ich für ein paar Monate an Orte gehe, wo Geld eine geringere Rolle spielt. Das gibt mir Luft. Und erinnert mich daran, warum ich das alles mache.

Auf dem Boden steht eine Holzkiste mit Farbsprühdosen; daneben steht eine Person in schwarzen Adidas-Turnschuhen und einem rosa Rock auf einer mit Farbe bespritzten Fläche neben einem grünen Stuhl.
Eine Frau mit dunklem Haar, weißem Hemd und Jeans malt eine abstrakte Leinwand, dann entspannt sie sich auf einer grünen Couch mit einer Tasse in der Hand, umgeben von Kunstzubehör und bemalten Böden.

Was steht bei dir als Nächstes an, und wovon möchtest du in deinem kreativen Leben mehr haben?

Janina: Ich wünsche mir, in Hamburg noch stärker anzukommen – Anschluss zu finden, Teil eines Kunstvereins zu werden, Menschen kennenzulernen, mit denen echter kreativer Austausch möglich ist. Und natürlich Tagträume ich, wie viele, vom großen, lichtdurchfluteten Atelier, von Regalen voller Ölfarben, von Zeit und Ressourcen ohne Limit. Aber vor allem wünsche ich mir Räume – innen wie außen – in denen Kunst wachsen kann, ohne ständig Kompromisse machen zu müssen.

Zur Atelier-Edition

Eine Person in hellblauer Hose steht barfuß auf einem mit Farbe bespritzten Boden neben einer grünen Couch mit weißem Klebeband an der Armlehne. Im Hintergrund sind Malutensilien und Regale zu sehen.

Fotocredits: Henri Röttger

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