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Aktualisiert von Marco am 2. Juni 2025
Veröffentlicht von Petra am 2. Juni 2025
Kurz und knapp: Latex im Überblick
- Latex ist ein milchiges Gemisch aus Kautschukpartikeln und Wasser.
- Außer dem Kautschukbaum enthalten noch viele weitere Pflanzen Latex.
- Latex kann aber auch synthetisch aus Erdöl produziert werden.
- Der erste Schaumstoff aus Latex wurde 1929 hergestellt.
- Latex steckt in Matratzen, Kissen, Polstermöbeln, Lärmdämmung, Medizinprodukten, Kleidung und vielem mehr.
Definition und Ursprung von Latex
Latex ist ein natürlich vorkommendes oder synthetisch hergestelltes milchiges Gemisch, das hauptsächlich aus Kautschukpartikeln und Wasser besteht − Fachleute sprechen von einer Polymerdispersion. Die Bezeichnung Latex (Mehrzahl: Latizes; von lateinisch: Milch) wurde gewählt, weil der Pflanzensaft optisch und sogar geschmacklich an Milch erinnert.
Viele Gewächse enthalten Naturlatex − auch Pflanzen wie Löwenzahn, Gänsedistel oder Lattich. Wirtschaftlich von größter Bedeutung ist jedoch der Kautschukbaum (Hevea brasiliensis). Ursprünglich im Amazonasgebiet beheimatet, wird er heute vor allem in Südostasien angebaut. Entdeckungsreisende berichteten im 15. Jahrhundert staunend über „springende Bälle“, die südamerikanische Indigene aus Latex angefertigt und zum Spielen benutzt hatten.
Im 18. Jahrhundert untersuchten europäische Forscher die Eigenschaften von natürlichem Latex erstmals näher. Charles Goodyear schaffte es 1839, das Material mit seinem chemischen Verfahren der Vulkanisation (Erhitzen von Kautschuk mit Schwefel) dauerhaft elastisch, widerstandsfähig und temperaturbeständig zu machen. Damit gilt Goodyear als Erfinder des Hartgummis und Wegbereiter der Kautschukindustrie.
Syntheselatex auf Erdölbasis wurde im frühen 20. Jahrhundert entwickelt und fortan industriell hergestellt, um den wachsenden Kautschukbedarf (speziell auch während des zweiten Weltkriegs) zu decken. Die Eigenschaften synthetischer Latizes variieren je nachdem, welche synthetischen Monomere als Ausgangsstoffe verwendet werden, lassen sich also je nach Bedarf steuern.
Herstellungsverfahren von Latexschaum
Den ersten Latexschaum produzierte ein Forschungsteam des britischen Unternehmens Dunlop. Unter der Leitung des Chemikers E. A. Murphy wurde aufgeschäumter Naturlatex im Jahr 1929 erstmals durch Vulkanisation zu einem dauerelastischen Schaumstoff ausgehärtet − eine bahnbrechende Methode, an der eine Küchenmaschine und ein Dampfgarer beteiligt gewesen sein sollen, und auf der die Herstellung von Latexmatratzen bis heute basiert.
Grundschema: Herstellung von Latexschaum in fünf Schritten
- Flüssiger Natur- oder Syntheselatex wird mit Zusatzstoffen wie Vulkanisationsmitteln, Schaummitteln und Stabilisatoren vermischt.
- Durch Einleiten von Luft oder Gas wird der Latex aufgeschäumt − entweder mechanisch durch Rühren bzw. Aufschlagen oder chemisch durch zugesetzte Treibmittel.
- Der entstandene Schaum wird in Formen gegossen und vulkanisiert (bei Naturkautschuk) oder vernetzt (bei Syntheselatex).
- Der ausgehärtete Schaum wird meist noch gewaschen, um Chemikalien- und Latexprotein-Reste zu auszuspülen.
- Der Schaum wird getrocknet.
Das aufwendige Talalay-Verfahren − in den 1940er Jahren gemeinsam von den russischstämmigen US-Immigranten Leon, Joseph und Ansil Talalay entwickelt − stellt eine Weiterentwicklung des Dunlop-Verfahrens dar. Mit zusätzlichen Schritten wie dem Vakuumieren und Gefrieren des aufgeschäumten Latex konnten die Talalay-Brüder eine offenere und gleichmäßigere Zellstruktur erzielen.
Um verschiedene Komfortbedürfnisse und Qualitätsansprüche erfüllen zu können, werden für Latexmatratzen bis heute beide Herstellungsverfahren parallel eingesetzt. Während sich mit dem älteren Dunlop-Verfahren kosteneffizient besonders robuste Latex-Schaumstoffe mit hoher Stützkraft fertigen lassen, ermöglicht das jüngere Talalay-Verfahren die Herstellung besonders atmungsaktiver, nachgiebiger und punktelastischer Latexkerne.
Eigenschaften von Latex und Latexschaum
Latexschaum eignet sich durch eine Reihe physikalischer Merkmale generell sehr gut für die Herstellung von Schlaf- und Polstermaterialien.
Zu den zentralen Eigenschaften von Latexschäumen zählen:
- Punktelastizität: Dichte, sofortige Körperanpassung und Druckentlastung
- Dauerelastizität: Sehr langlebig und formstabil, auch bei längerer und stärkerer Belastung.
- Atmungsaktivität: Gute Luftzirkulation und Feuchtigkeitsregulierung, besonders bei offener Zellstruktur.
Je nach Art des verwendeten Latex (Natur- oder Syntheselatex) und dem Herstellungsverfahren können die spezifischen Charakteristika von Latexschaumstoffen variieren. So wirkt Naturlatex antimikrobiell, während Syntheselatex Besonderheiten wie Ölbeständigkeit aufweisen kann. Nach dem Talalay-Verfahren produzierter Latexschaum ist tendenziell atmungsaktiver und weicher als solcher nach dem Dunlop-Verfahren.
Überblick: Unterschiedliche Typen von Latexschaum und ihre Eigenschaften
- Naturlatex: Hohes Rückstellvermögen, gute Punktelastizität, atmungsaktiv, biologisch abbaubar.
- Syntheselatex: Etwas weniger elastisch als Naturlatex, günstiger in der Produktion.
- Mischlatex: Mix aus Natur- und Syntheselatex in unterschiedlichen Anteilen, vereint in sich Vorteile beider Typen, hohe Elastizität bei reduzierten Rohstoffkosten.
- Dunlop-Latex: Sehr dicht, eher fest, hohe Stützkraft auch für schwere Personen, relativ kostengünstige Herstellung.
- Talalay-Latexschaum: Aufwendiges und kostenintensives Verfahren, besonders feine, gleichmäßige, offene Zellstruktur, sehr atmungsaktiv, nachgiebig und anschmiegsam.
Verwendung von Latex und Latexschaum
Latex und Latexschaum finden breite Anwendung in unterschiedlichsten Bereichen, insbesondere dort, wo Elastizität, Komfort und Hygiene gefordert sind.
Typische Einsatzgebiete
- Medizinprodukte (z. B. Katheter, medizinische Handschuhe)
- Industrie (Dichtungen, Klebstoffe, Beschichtungen, Förderbänder, Schläuche)
- Lärmschutzmaterialien und Akustikdämmung
- Kleidung und Textilien (z. B. Sport- und Funktionsbekleidung)
- Alltagsgegenstände (Gummibänder, Kondome, Schuhsohlen)
- Inneneinrichtung (Farben, Teppichrückenbeschichtung)
- Kissen und Sitzauflagen
- Polstermöbel
- Matratzen und Topper
Matratzen aus Latexschaum sind sehr anpassungsfähig, langlebig sowie resistent gegen Schimmel und Hausstaubmilben. Naturlatexmatratzen gelten als besonders hochwertig − dabei ist der Begriff „Naturlatex“ nicht gesetzlich geschützt: Viele sogenannte Naturlatexmatratzen enthalten bis zu 90% Syntheselatex, also ein Rohölprodukt. Nur die Kennzeichnung „100 % Naturlatexanteil“ besagt, dass tatsächlich kein synthetisch erzeugter Kautschuk zugesetzt wurde.
Umwelt- und Gesundheitsaspekte
In ihren Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit unterscheiden sich Natur- und Syntheselatex deutlich. Naturkautschuk ist ein nachwachsender Rohstoff und biologisch abbaubar. Zudem erfordert die Herstellung von Naturlatex nur einen Bruchteil der Energie, die für synthetische Varianten eingesetzt wird. Allerdings sind viele Kautschukbaum-Plantagen Monokulturen, die zu Landnutzungskonflikten und schlechten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten führen können.
Syntheselatex basiert auf Erdöl, einem endlichen Rohstoff. Während hochwertiger, zertifizierter Naturlatex meist gut verträglich ist, kann Syntheselatex potenziell Schadstoffe ausgasen. Laut Dr. Frank Kuebart vom eco-Institut Köln sind Allergien selten, können aber bei beiden Formen auftreten: Bei Naturkautschuk gegen darin enthaltene Proteine, bei Syntheselatex gegen Zusatzstoffe wie Vulkanisationsbeschleuniger oder Stabilisatoren.
Relevante Prüfsiegel für Matratzen, Polster und weitere Produkte aus Latex:
- auf Schadstoffe geprüft und für unbedenklich befunden wurden; am strengsten geprüft wird Klasse I (geeignet für Babys und Kleinkinder bis 3 Jahre)
- eco-INSTITUT-Zertifikat belegt, dass ein Produkt frei von gesundheitsschädlichen Reststoffen und Emissionen ist.
- QUL-Zertifikat (Qualitätsverband umweltverträgliche Latexmatratzen e.V.): Kennzeichnet umweltfreundliche, gesundheitlich unbedenkliche, allergiegeeignete, chemisch analysierte und mechanisch geprüfte Produkte.
- GOLS (Global Organic Latex Standard): Internationales Siegel für biologisch angebaute, rundum nachhaltige Naturlatexprodukte; auf allen Produktionsstufen müssen strenge Umwelt- und Sozialkriterien erfüllt werden.
FAQ
Latex ist die flüssige Ausgangssubstanz, während Latexschaum ein durch Aufschäumen und Vulkanisieren oder Vernetzen von Latex entstandener fester Schaumstoff ist.
Ja, insbesondere dann, wenn der Naturlatex aus ökologisch zertifiziertem Anbau stammt.
Frischer Naturlatex hat einen typischen Eigengeruch, der aber nach einigen Wochen verfliegt.
Bei einer bestehenden Latexallergie sollte sicherheitshalber auf latexfreie Alternativen ausgewichen werden. Alle anderen Allergiker können bedenkenlos auf einer Latexmatratze schlafen.
Hochwertige Latexmatratzen können 10 bis 15 Jahre oder länger halten.