Schlecht schlafen bei Vollmond: Beeinflusst der Mond unseren Schlaf?

Aktualisiert am 24. August 2023
Veröffentlicht am 9. April 2021

Einführung: Beeinflusst der Mond unseren Schlaf?

Wer schläft schon immer gut? Wahrscheinlich die wenigsten. Wahrscheinlich die mit einer guten genetischen Disposition und einem relativ sorgenfreien Leben. Bei vielen anderen hapert es hin und wieder mit der Schlafqualität. Da wird dann nach Gründen gesucht, denn nichts geschieht bekanntlich ohne Grund. So gibt es eine stattliche Anzahl von Menschen, die glauben, dass sie zum Beispiel bei Vollmond schlechter schlafen. Beeinflusst der Mond tatsächlich unseren Schlaf? Schauen wir uns dieses umstrittene Thema etwas genauer an. Wir leben ja nicht hinter dem Mond.

Schlechter Schlaf ist nicht gleich Schlafstörung

Für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist ausreichend Schlaf essentiell. Einerseits bietet der Schlaf Ruhe und Erholung, andererseits sind sowohl der Körper als auch das Gehirn während der Nachtruhe hochaktiv. Für die meisten von uns wird die Vorstellung vom idealen Schlaf wie folgt aussehen: Abends todmüde ins Bett fallen und nach 7 bis 8 Stunden ausgeschlafen und erholt aufwachen. Hin und wieder Probleme mit dem Schlaf zu haben gehört wohl für uns alle zum ganz normalen Leben. Mal sind es belastende Momente, die den Schlaf stören wie Geldsorgen, Jobverlust, Liebeskummer u.ä., mal sind es aber auch erfreuliche Ereignisse, die einen unruhig schlafen lassen wie eine bevorstehende Reise, ein Geburtstag, die erste Fahrt im neuen Auto u.ä.

Diese Form der ganz “normalen” Schlafprobleme verschwindet dann aber auch immer wieder. Wenn das nicht der Fall ist, und der Schlaf dauerhaft Schwierigkeiten bereitet, liegt eine Schlafstörung vor. Über Schlafstörungen informieren wir in diesem Beitrag.

Nur damit wir es richtig einsortieren: In diesem Artikel soll es nicht um die geläufigen Ein- und Durchschlafprobleme oder chronischen Schlafstörungen gehen, sondern um die Frage, ob der Mond in unsere Schlafarchitektur hineinwirken kann.

Der Mond – eine mondäne Projektionsfläche

Der Mond ist seit Jahrtausenden eine Projektionsfläche für die Fantasie der Menschheit. In zahlreichen Kulturen finden sich Mythen, Sagen und abergläubische Konstruktionen, die den Einfluss des Mondes auf die Erde beschreiben und bebildern. Tatsächlich wirkt ja auch die Gravitationskraft des Mondes auf die Erde ein. Darüber hinaus vermuten nicht wenige, dass der Mond Tiere und Pflanzen, die Gesundheit und Krankheit der Menschen und eben auch den Schlaf beeinflussen kann.

In einigen Kulturen wird der Mond als Gottheit verehrt. Selene etwa ist die griechische Mondgöttin, Luna die der Römer, der hinduistische Mondgott heißt Chandra, um nur einige Beispiele zu nennen. Mondmythen finden sich in jeder Gegend und zu jeder Zeit. Teile der Landwirtschaft haben gar das Säen, Düngen und Ernten nach den verschiedenen Mondphasen ausgerichtet, um die Erträge zu steigern.

So hält sich auch heute noch die Überzeugung, dass das Mondlicht einen unruhigen Schlaf bewirken kann. Diese Jahrhunderte alte Vorstellung traut dem Vollmond sogar unheimliche und anziehende Kräfte zu, die den Schlafenden oder die Schlafende förmlich aus dem Bett ziehen. Diese vermeintliche “Mondsüchtigkeit” kennen wir zum Beispiel von Bildern, auf denen ein Schlafwandelnder mit der Kerze in der Hand auf dem Dach eines Hauses Richtung Mond zu wandern scheint. Eigentlich ein alter Aberglaube, der sich aber auch heute noch in verschiedenen Ausprägungen im Bewusstsein vieler Menschen wieder findet. In einer Studie hat das Institut für Demoskopie Allensbach 2.044 Personen unterschiedlichen Alters aus ganz Deutschland befragt dazu befragt. Immerhin gaben 39 Prozent an, der Mond habe Einfluss auf ihren Schlaf. Die meisten waren sich sicher, durch den Mond, vor allem in den Vollmondphasen, beim Ein- und Durchschlafen gestört zu werden.

Kein Wunder also, dass Mond-Kalender und Mond-Ratgeber sich einer gewissen Beliebtheit erfreuen. Ob OP-Termine, der Beginn einer Diät, die Gartenpflege oder der kommende Friseurtermin – vielen Menschen richten ihr Leben nach den Mondphasen aus. Die gängige Empfehlung lautet dabei, all das, was mehr werden soll, bei zunehmendem Mond zu tun, und die Dinge, die weniger werden sollen, bei abnehmendem Mond. So ist eine regelrechte Mond-Folklore entstanden.

Verdeutlichen wir uns an dieser Stelle: Die Entfernung des Mondes zur Erde beträgt 384.400 km. Eine ganz schöne Strecke. Wie kann so weit weg der Einfluss auf die Erde denn eigentlich gelingen?

Wie wirkt der Mond auf die Erde?

Auf Anhieb werden Du und ich zwei wichtige Wirkungen nennen können, die der Mond auf die Erde hat. Einmal die Gravitationskraft und dann das Licht, siehe den hell erleuchteten Vollmond. Schauen wir uns diese Kräfte genauer an.

Gravitationskraft

Der Mond hat wichtige Funktionen für die Erde. Im Mittelpunkt steht dabei die Gravitationskraft. Das Wort Gravitation leitet sich ab von lateinisch gravitas für „Schwere“. Die Gravitationskraft äußert sich dadurch, dass Massen sich gegenseitig anziehen. Erde und Mond sind zwei Massen, sie ziehen sich gegenseitig also an. Wir kennen das aus dem Alltag: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, aber vor allem fällt er nach unten, Richtung Erdmittelpunkt. Man müsste schon Kraft aufwenden, um diese Bewegung zu verhindern. Denken wir hier einfach einmal an die Schubkraft der Flugzeuge, wenn sie von der Erde abheben.

Dass der Mond jetzt nicht Richtung Erdmittelpunkt plumpst, liegt daran, dass er selbst Anziehungskraft ausübt. Er hält dagegen, denn er hat ja auch eine stattliche Masse. Der Mond kreist also um die Erde, und er dreht sich dazu noch um die eigene Achse. Aber beides dauert genau gleich lang, nämlich 27 Tage und 7 Stunden (Nebenbei bemerkt: Nur deshalb sehen wir immer dieselbe Seite vom Mond). Erde und Mond (und die Sonne natürlich auch) ziehen und zerren gewissermaßen aneinander und “verformen” sich gegenseitig. Wobei sich Wasser leichter verformen lässt als etwa Gestein.

Ebbe und Flut

Die Anziehungskraft des Mondes “saugt” also an der Erde. Und das Wasser auf der ihm gegenüberliegenden Erd-Seite ist dabei quasi leichte “Beute”. Es entsteht ein sogenannter Flutberg. Da die Erde sich ja auch dreht, sorgt auf der Mond abgewandten Seite das Zusammenspiel aus Anziehungskraft und Fliehkraft für einen zweiten Flutberg. Das Wasser türmt sich zeitweise, fließt also zusammen, dann fließt es wieder auseinander, da der Mond ja nicht fix am Himmel steht, sondern ein Kreisbewegung um die Erde zurücklegt. Kurzum: Wir haben Ebbe und Flut. Das ist jetzt alles ein wenig hoppla-hopp ausgeführt worden. Wer es genauer wissen will, dem sei das folgende Video empfohlen.


Was für uns jetzt wichtig ist: Die Gezeitenkräfte, die auf verschiedene Objekte der Erde einwirken, lassen sich genau berechnen. Für die riesigen Wassermassen zum Beispiel des Atlantiks sind sie so groß, dass in der Konsequenz Ebbe und Flut entstehen. Im Mittelmeer sind die Gezeiten dagegen schon schwächer. Im Bodensee kann man sie wohl nachweisen, aber sie sind minimal. Und – Hand aufs Herz – in der eigenen Badewanne wird wohl keiner von uns schon einmal die Gezeitenkraft bemerkt haben. Kommen wir zum zweiten Einflussfaktor, dem Licht.

Das Mondlicht

… ist das Licht der Sonne. Der Mond leuchtet nicht von selbst. Er ist für uns sichtbar, weil er von der Sonne beleuchtet wird. Das Sonnenlicht wird also reflektiert. Wir sehen nur jene Hälfte des Mondes, die der Sonne zugewandt ist. Die andere Hälfte bleibt dunkel. Im Laufe eines Monats ändert sich das, was wir sehen. Das kennen wir als Mondphasen. Vollmond bedeutet – wir sehen den Mond ganz beleuchtet. Zwei Wochen später steht der Mond genau in Richtung der Sonne, so daß die uns zugewandte Seite komplett unbeleuchtet erscheint. Das wäre dann Neumond. Die Beleuchtungsstärke eines hochstehenden Vollmondes beträgt etwa 0,25 Lux. Zum Vergleich: Straßenbeleuchtung erreicht oftmals 10 Lux. Das Mondlicht verblasst in dieser Licht-Umgebung. Beleuchtungskraft entfaltet es in nur sehr geringem Maße. Das Schlafhormon Melatonin juckt das Mondlicht wenig.

Da können wir jetzt beruhigt eine Runde schlafen gehen.

Schlafarchitektur – Trepp’ ab, Trepp’ auf

Die Wissenschaft kann heute recht gut belegen, dass unser Schlaf mehrmals die Nacht verschiedene Schlafphasen durchläuft. Stell’ Dir diese Schlafphasen einfach so vor, als würdest Du eine Treppe hinuntergehen. Die ersten Stufen stehen dabei für die Einschlafphase und den leichten Schlaf. Die nächsten Stufen bedeuten Übergang in den Tiefschlaf und den Tiefschlaf selbst. Und auf den untersten Stufen befindest Du Dich dann in der Traumphase, dem REM (Rapid Eye Movement)-Stadium. Diesen Weg “die Treppe runter” gehen wir alle mehrmals in der Nacht. Jeder Mensch entwickelt dabei sein ganz individuelles Schlafmuster, das man durch verschiedene Messungen z.B. im Schlaflabor auch nachweisen kann. Wir alle haben also unsere eigene Schlafarchitektur, die den gleichen Prinzipien folgt, aber individuell unterschiedlich ausgeprägt ist.

Fragt sich jetzt, ob der Mond, insbesondere die Gravitation und das Licht diese Schlafarchitektur beeinflussen können.

Wissenschaftliche Studien

Um die Frage zu beantworten, ob der Mond unseren Schlaf beeinflusst, kann man zum Beispiel Menschen beim Schlafen beobachten. Schlafforscher*innen der Universität Basel haben genau das getan. Sie untersuchten den Schlaf von 33 Menschen bei Vollmond. Das Ergebnis: Der Mondrhythmus kann die Schlafstruktur beim Menschen beeinflussen.

Allerdings fiel Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie München an dieser Studie auf, dass die Patienten, die an Vollmond schlechter schliefen, alle in fortgeschrittenem Alter waren. Aus anderen Studien ist bekannt, dass ältere Menschen generell schlechter schlafen. War also der Vollmond tatsächlich der Grund für die Minderung der Schlafqualität?

Damit Zufallsbefunde ausgeschlossen werden können, die aus Studien mit geringer Teilnehmerzahl resultieren, untersuchten Wissenschaftler daraufhin Schlafdaten von 1.265 Probanden aus 2.097 Nächten. „Wir konnten keinen statistisch belegbaren Zusammenhang zwischen menschlichem Schlaf und den Mondphasen aufzeigen,” berichtet Martin Dresler, Neurowissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Im Fortgang der Untersuchungen wurden weitere unveröffentlichte Analysen von über 20.000 Schlaf-Nächten ausgewertet. Sie zeigten ebenso keinen Einfluss des Mondes auf den Schlaf. Die Sendereihe “Frag den Lesch” (Mythos oder Wahrheit: Manipuliert uns der Mond?) des ZDF kommt zum gleichen Ergebnis.

Aber schlafen Menschen nicht tatsächlich schlechter, wenn Vollmond ist? Sie berichten doch davon und darüber. Da wären wir also bei der subjektiven Wahrnehmung.

Die selbsterfüllende Prophezeiung

Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit dem Einfluss des Mondes auf uns Erdenmenschen beschäftigt haben. Wissenschaftlich nachvollziehbare Beweise für das Hineinwirken des Mondes in unsere ganz persönliche Schlafqualität lassen sich daraus nicht ableiten.

Allerdings können wir festhalten: Der Mond, besonders in seiner pointierten vollen Gestalt als Vollmond, lädt zum Träumen ein und regt die Fantasie an. Die Wirkung des Mondes ist also vor allem psychologischer Natur. Wer glaubt, dass er bei Vollmond schlecht schläft, der schläft dann womöglich tatsächlich schlecht. Was hier passiert, nennen die Experten eine selbsterfüllende Prophezeiung (engl. self-fulfilling prophecy). Dahinter verbirgt sich eine Vorhersage, die ihre Erfüllung selbst bewirkt. Die Erwartungshaltung und das Verhalten verknüpfen sich miteinander. Es kommt zu einer positiven Rückkopplung. Insofern kann es also sein, dass ein Mensch, der glaubt, dass er bei Vollmond schlechter schläft, dies dann auch genauso wahrnimmt.

Fazit

Mir lasse den Mond am Himmel, denn da gehört er hin. So gern wir dem Mond magische Kräfte unterstellen würden, seine Zauberkräfte sind doch sehr überschaubar und in zahlreichen Studien passabel erforscht. Wer Interesse am gesunden Schlaf hat, kann den Mond vernachlässigen. Es gibt zahlreiche Faktoren, die viel wichtiger sind, um die persönliche Schlafqualität zu sichern bzw. zu verbessern. Dennoch, eine alte Volksweisheit besagt: Wenn tausend Menschen nach dem Mond schauen; gibt es auch tausend Monde. Den Mond anschauen, ein bisschen träumen, warum denn nicht.

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